Trade Republic: Wertpapierhandel via Smartphone

Fonds, ETFs und Derivate kostengünstig und unkompliziert handeln – der mobile Broker Trade Republic hat in Deutschland einen Nerv getroffen. Und es gibt schon zahlreiche Konkurrenten.

Das neue mobile Trading

Schnell mal zwischen Büro und Yogastudio eine Aktie ordern. Kurzer Blick aufs Portfolio am See, um abzuwägen, wie man kurzfristig umschichten könnte. Trading geht heute auch mobil. Aktien, Fonds oder Derivate lassen sich via Smartphone kaufen wie T-Shirts oder Sneakers. In Zeiten niedriger Zinsen und einer gesetzlichen Rente, auf die sich niemand mehr verlassen will, sind börsennotierte Anlagen auch für eine junge Zielgruppe interessant. Besonders Exchange Traded Funds (ETF) erfreuen sich steigender Beliebtheit. Doch gerade Finanzlaien begegnen auf dem Weg zum Depot vielen Fragen: Welche Wertpapiere passen zu meinem Risikoprofil? Welche Kosten sind angemessen? Warum ist das Einrichten des Depots so aufwendig? Das Start-up Trade Republic verspricht, diese Probleme zu lösen. Es ist nach eigener Aussage der erste deutsche Börsenmakler, der die Möglichkeit bietet, provisionsfrei auf dem Smartphone mit Aktien und ETFs zu handeln.

Günstig und unkompliziert

„Zentraler Bestandteil unserer Geschäftsidee war von Anfang an, den Wertpapierhandel zu demokratisieren“, erklärt Mitgründer Christian Hecker. Statt der üblichen Gebühren fällt lediglich eine Fremdkostenpauschale von einem Euro pro Handelsgeschäft an. Geld verdient das Start-up dadurch, dass Broker von ihren Partnern eine Provision erhalten, wenn sie Wertpapiere vermitteln. Bei Trade Republic reicht diese zur Finanzierung aus, da das Unternehmen aufgrund moderner IT sehr günstig arbeitet. „Der geringe Anteil an manuellen Schritten durch den hohen Grad an Automatisierung bei Trade Republic schafft wesentliche Kostenvorteile“, erklärt Hecker. Die Hälfte der rund 50 Mitarbeiter arbeite an der IT-Entwicklung.

Die intuitiv bedienbare Nutzeroberfläche der Software soll das Investieren vereinfachen. In weniger als zehn Minuten sollen Kunden ein Depot eröffnen können. „Unsere App bietet ein völlig neues Nutzungserlebnis beim Handeln: Sie ist sehr übersichtlich gestaltet und man findet die wichtigsten Infos auf einen Blick“, erklärt Hecker. Dafür soll die personalisierte Timeline sorgen. Zudem lassen sich die automatische Abführung von Steuern, Suchfilter und Preisalarme aktivieren. Für die Handelszeit von 7.30 bis 23 Uhr dürften Menschen mit langen Arbeitszeiten dankbar sein.

Die Gründer Marco Cancellieri, Christian Hecker und Thomas Pischke (v. l. n. r.) in den Büros von Trade Republic in Berlin.

Start-up mit tiefem Know-how

Im Jahr 2011, auf der Rückreise von einem Uni-Seminar in München, lernt Christian Hecker Thomas Pischke kennen. Vier Jahre später arbeitet Hecker im Investment Banking, Pischke für ein FinTech. Bei einem Gespräch über die eigene Geldanlage entsteht die Idee für Trade Republic, vermutlich nach dem Vorbild des 2013 gegründeten US-Brokers Robinhood. Bei einem Hackathon, einer Art Soft- und Hardware-Entwicklungs-Veranstaltung, trifft Pischke Marco Cancellieri. Während dessen Studium der Medieninformatik hatte er mehrere App-Projekte geleitet, mit denen er Programmierwettbewerbe gewann. Schon am nächsten Tag beginnt Cancellieri, den Prototypen einer Broker-App zu entwickeln.

Im Herbst 2015 steht der Entschluss: Die drei wollen ein Start-up gründen. Etwa ein halbes Jahr, nachdem Robinhood an den Start gegangen ist. Wie so viele erfolgreiche Gründungen aus dem Silicon Valley hat auch Robinhood eine internationale Expansion im Sinn. Es gilt also, keine Zeit zu verlieren. 2017 gewinnen die Gründer die Sino AG, einen Börsenmakler für Vieltrader, als strategischen Investor. „Damit hatten wir einen Partner an der Hand, der von vornherein das Marktpotenzial des mobilen und provisionsfreien Aktienhandels erkannt hatte und gleichzeitig über langjähriges und tiefes Know-how im Bereich Brokerage verfügt“, erklärt Hecker. Heute sind Ingo Hillen, Geschäftsleiter der Sino AG, sowie Justiziar Karsten Müller Teil der Geschäftsführung von Trade Republic. „Ingo und Karsten verstärken das Gründerteam mit ihrer langjährigen Erfahrung bei der Leitung eines Finanzdienstleisters“, erklärt Hecker.

Diese war Voraussetzung, um eine Banklizenz zu erhalten. Kein leichtes Unterfangen für FinTechs mit meist jungen Mitarbeitern, denn das deutsche Kreditwesengesetz verlangt neben ausreichend Anfangskapital (mindestens 5 Mio. Euro) auch die fachliche Eignung der Inhaber oder Geschäftsleiter. Dazu gehört u. a. Leitungserfahrung, also eine mindestens dreijährige leitende Tätigkeit bei einem Institut vergleichbarer Art und Größe. Trade Republic erhielt im Dezember 2018 die Banklizenz.

Die Konkurrenz schläft nicht

Der US-Broker Robinhood ist zu diesem Zeitpunkt schon einige Schritte weiter. Nach fünf Jahren kann er bereits über sechs Millionen Kunden verzeichnen. Und auch in Deutschland gibt es Konkurrenten. Im Oktober 2019 ging Justtrade an den Start, das sogar ohne Fremdkostenpauschale arbeiten will. Einen Monat später der Gratisbroker. Der Unterschied zu Trade Republic: Beide haben bisher keine ETFs im Angebot und Voraussetzung für Transaktionen ist eine Mindestorder in Höhe von 500 Euro. Verkäufe können auch darunter liegen, sofern der Vermögenswert komplett aufgelöst wird.

Das Angebot wird ausgebaut

Bereits im Januar 2019 nahm Trade Republic Interessenten auf einer Warteliste auf. „Damit haben wir einen reibungslosen Start gewährleistet“, erklärt Hecker. Vier Wochen später konnten sie mehrere Tausend Konten freischalten. Im Mai wurde die Warteliste abgeschafft, seitdem kann jeder sofort ein Depot eröffnen. Anfangs können Anleger mehr als 6.100 Aktien und über 250 ETFs kaufen. Als elektronischer Handelsplatz dient die Börse Hamburg. Die Spreads, also die Differenz zwischen Ankaufs- und Verkaufspreis, sind an den Referenzmarkt XETRA gebunden. „Wir haben unser Angebot seit dem Marktstart im Januar 2019 bereits kontinuierlich ausgebaut“, sagt Hecker. Seit dem Sommer 2019 sind Derivate handelbar, insbesondere Optionsscheine und Knock-out-Produkte. Damit können Anleger kurz gesagt auf Preisveränderungen spekulieren, ohne das Wertpapier selbst zu kaufen.

Die Anzahl der Aktien liegt inzwischen bei 7.300, der ETFs bei 500, der ETF-Sparpläne bei über 300 und der Derivate bei 40.000. „Durch das digitale Geschäftsmodell profitieren wir davon, unser Angebot schnell und einfach um neue Features und Anlageklassen ergänzen zu können. Der enge Austausch mit unserer Community ermöglicht es uns, unser Angebot nah an den Kundenwünschen weiterzuentwickeln“, erklärt Hecker. Möglich war der Ausbau des Produkts aber natürlich auch aufgrund der zehn Millionen Euro Kapital, die das Start-up einsammeln konnte. Beteiligt waren etwa der Risikokapitalinvestor Creandum sowie der Berliner Kapitalgeber Project A.

„Unser Mittelfristziel ist es, das Synonym für mobilen Wertpapierhandel in Europa zu werden. Darüber hinaus möchten wir uns als erste Adresse für kapitalmarktorientiertes Sparen und Handeln etablieren“, sagt Hecker. Dafür werde das Angebot nun weiterhin Schritt für Schritt ausgebaut.

Frisches Kapital für große Ziele

Trade Republic hat inzwischen über 100.000. Kunden, das verwaltete Kundenvermögen beträgt über 200 Millionen Euro. Der Branchenblog „Payment and Banking“ hat Trade Republic als Newcomer-FinTech des Jahres 2019 ausgezeichnet. Ein Jahr nach dem Markteintritt in Deutschland startete die Warteliste in Österreich. „Wir planen noch in diesem Jahr unseren Marktstart in mindestens einem weiteren europäischen Land.“, kündigt Hecker an. Konkurrent Robinhood bewegt sich derweil stärker in Richtung Europa, der Broker expandierte schon nach Großbritannien. Auch in Deutschland werde der Markt geprüft, wie das Online-Magazin „Finance Forward“ berichtet. Mit einer Facebook-Anzeige wurde das Anlageverhalten der deutschen Nutzer erkundet.

Ringen um Europa

Es dürfte ein zähes Ringen um die Vormachtstellung in Europa werden. Trade Republic konnte im April 2020 einen weiteren großen Erfolg und eine Art Ritterschlag der Finanzbranche vermelden konnte: Von renommierten VC-Investoren wie Accel oder Peter Thiels Founders Fund erhielt das Berliner FinTech 40 Mio. Euro. Frisches Funding-Kapital, das Trade Republic helfen wird, die selbst gesteckten Ziele zu erreichen: zu einer europäischen Plattform für mobiles Sparen, Investieren und Handeln zu werden.

Text: Tanja Koch
Fotos: istock // Datum: 11.12.2020