Der letzte Jahrgang aus der Stählemühle: Christoph Keller über Qualität, Exklusivität und Wertsteigerung durch Verknappung
„Jetzt hört er auf“, stand da – und die Resonanz war riesig. Die Ankündigung, dass die Manufaktur Stählemühle den Destillations-Betrieb einstellt, schlug hohe Wellen. Doch Stählemühle-Chef Christoph Keller, der diese Ankündigung Anfang des Jahres im Wirtschaftsmagazin brand eins machte, wiegelt ab: „Es ist nicht so, dass ich wirklich jetzt aufhöre. Ich hatte diesen Winter die letzte Brennsaison. Wir haben ein volles Lager, das werden wir noch verkaufen, und dann ist Schluss.“
Hamsterkäufe im letzten Betriebsjahr der Destillerie Stählemühle
Für die Kunden ändert das tatsächliche Datum, an dem die Destillerie den Betrieb einstellt, nichts daran, dass es die feinen Obstbrände und Destillate aus der Stählemühle in absehbarer Zukunft nicht mehr geben wird.
Keller ist trotzdem eher skeptisch, wenn spekuliert wird, dass die Verknappung auch eine Wertsteigerung mit sich bringt: „Ich glaube da persönlich nicht unbedingt dran, aber unsere Kunden reagieren tatsächlich so und decken sich mit Hamsterkäufen ein. Da kaufen Privatpersonen Dutzende Flaschen, die werden in den Keller gelegt, und wir kriegen Anfragen, wie lange man die überhaupt lagern kann. Das ist glücklicherweise bei Destillaten sehr vorteilhaft, die kann man bis zu 40 Jahre lagern. Teilweise werden sie sogar besser, runder, milder und interessanter. Das ist ein sehr lagerfähiges Produkt, das tatsächlich seinen Charakter verändert.“
13 Jahre Destillerie Stählemühle – Zeit für ein neues Projekt
Keller ist sich also sehr wohl bewusst, wie sehr die feinen Brände aus der Stählemühle geschätzt werden. Er beschreibt objektiv eine Situation, in der seine ohnehin exklusiven Produkte durch Verknappung noch begehrter und damit wertvoller werden könnten. Trotzdem sträubt er sich dagegen, diesen Schluss zu ziehen. Vielleicht aus Bescheidenheit, vielleicht aus Angst davor, überhöhte Erwartungen zu wecken.
Womöglich sieht der Brennmeister das Ende der Brennerei wirklich so pragmatisch wie deren Gründung. Vor 13 Jahren fiel das Schnapsbrennen dem Verlagsgründer und Gestalter eher per Zufall in den Schoß. Das mit dem neuen Zuhause, einem Bauernhof in Bodensee-Nähe, erworbene Brennrecht machte aus Keller einen Hobby-Brenner und aus dem Hobby wurde die in Kennerkreisen hochgelobte Brennerei Stählemühle.
„Es ist Zeit, etwas Neues anzufangen“, schreibt Keller jetzt auf der eigenen Website. „Was das sein wird, kann ich noch nicht sagen. Ich bin vorerst mit dem Aufhören beschäftigt. Auch das wird dauern.“
Warum Christoph Keller die Marke Stählemühle nicht verkauft
Obwohl Keller zumindest mit der kommerziellen Destillation aufhört, wollte er die Marke Stählemühle nicht in fremde Hände geben. Trotz aller Bescheidenheit erscheint ihm das über Jahre aufgebaute Projekt schützenswert. „Wir hatten verschiedene Angebote von großen Firmen, die gerne die Marke übernommen hätten. Da hätte man natürlich noch ein paar Mark rausholen können, aber ich glaube nicht, dass ich dem Projekt damit etwas Gutes getan hätte, deswegen haben wir uns dagegen entschieden.“
Auch wenn Keller das letzte Betriebsjahr entspannt auf sich zukommen lässt, befindet er sich doch auf unbekanntem Terrain. Werden die Lager in kurzer Zeit leergefegt oder gibt es in der Stählemühle so schnell keine leeren Regale? „Es ist ehrlich gesagt ganz schwierig für uns, das abzuschätzen. Als es jetzt so kalt war im April und Mai, hat man uns mit Bestellungen überhäuft, aber im Sommer ist es traditionell weniger. Wenn es im Herbst auf Weihnachten zugeht, dann nimmt das explosionsartig zu. Wir wissen einfach nicht, wie sehr es sich dieses Jahr überschlägt.“
Header-Foto: Verköstigungsraum mit Bränden © Ingmar Kurth/Stählemühle // Datum: 29.05.2017
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